Über die Trauer

Über die Trauer

Jeder Mensch erlebt Trauer anders. Aber jeder trauernde Mensch erlebt in seiner Trauer unterschiedliche Phasen. Die hier aufgeführten Phasen wurden von der bekannten Sterbe- und Trauerforscherin Elisabeth Kübler-Ross erkannt.

Die Phasen der Trauer

In der Trauer erlebt jeder Mensch -egal ob jung oder alt- diese Phasen. Allerdings folgen diese Phasen nicht geordnet hintereinander. Sowohl als Trauerbegleiterin als auch in Zeiten eigener Trauer konnte ich die Erfahrung machen, dass die von Frau Kübler-Ross erforschten Symptome dieser fünf Phasen teilweise alle an einem Tag erlebt werden können. Daher werden sie im folgenden „Zeiten“ genannt.

Die erste Zeit ist die Zeit des Leugnens!

Der trauernde Mensch neigt hier dazu, den Tod nicht wahrhaben zu wollen. Manche streiten gar ab, dass der Tod stattgefunden hat. Die Außenwelt nimmt einen Menschen in dieser Zeit häufig als abgestumpft wahr. Menschen sind zu diesem Zeitpunkt oft erstaunt darüber, dass sie nicht weinen können und fühlen sich innerlich leer und sie durchleben einen Gefühlsschock mit starker Empfindungslosigkeit.

Die positive Seite des Gefühlsschocks, äußert sich darin, dass die Hinterbliebenen die Tage nach dem Tod besser verkraften können. So sind sie z. B. in der Lage die vielen Entscheidungen und Tätigkeiten, die von der Außenwelt von Ihnen gefordert werden, zu erfüllen.

Die zweite Zeit wird die Zeit der Gefühlsausdrücke genannt!

Gefühle brechen auf und der trauernde Mensch erlebt Stimmungsschwankungen. Es kann bei ihm zu einer allgemeinen Reizbarkeit kommen. Aggressionen gegenüber dem Umfeld durch Zorn, Wut und Schuldzuweisungen sind nicht selten. Trauernde haben häufig Schuldgefühle gegenüber sich selbst und gegenüber dem Verstorbenen, weil er sie verlassen hat. Sie können Schuldgefühle gegenüber Gott empfinden, weil er den Tod zugelassen hat.

In der Zeit der Gefühlsausbrüche, empfinden trauernde Menschen ihre Gefühlswelt oft wie ein einziges Chaos.

Als drittes gibt es die Zeit des Abschiednehmens!

Diese Zeit kann geprägt sein von Ruhelosigkeit, ziellosen Aktivitäten und der Unfähigkeit sich zu konzentrieren. Viele Menschen neigen hier zur Vergesslichkeit. In dieser Zeit wächst das Bedürfnis, Erinnerungen aufzufrischen, noch einmal vom Verstorbenen zu erzählen und frühere gemeinsame Tätigkeiten wieder aufzunehmen. Viele Trauernde möchten nun zum Friedhof gehen und können innere Zwiegespräche mit dem Toten halten. Träume über Begegnungen mit dem verstorbenen Menschen sind keine Seltenheit. Sie dienen zur Verarbeitung und wirken meist positiv auf den Trauerprozess.

In dieser Zeit wird noch einmal das gemeinsame Leben nachvollzogen.

Die vierte Zeit ist die Zeit der Erschöpfung

Nun kann es sein, dass der trauernde Mensch das Bedürfnis nach Rückzug entwickelt und sein Kontakt zur Außenwelt abnimmt. Gefühle wie Erschöpfung, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit sind typische Symptome dieser Zeit. Auch depressive Verstimmungen und das Gefühl der inneren Leere.

Auf der körperlichen Ebene können Krankheiten und Appetitlosigkeit auftreten. Auch die Gefahr des Nachsterbens ist hier einzuordnen.

Diese Zeit hat den Sinn, dass die Trauernden durch das Erleben von Niedergeschlagenheit und Traurigkeit in einen Heilungsprozess kommen, für den diese Gefühle eine wichtige Rolle spielen. Das mag sich seltsam anhören, doch das Leben besteht immer aus Höhen, Tiefen und geraden Strecken. Habe ich Traurigkeit erlebt, so weiß ich die glücklichen Lebensmomente mehr zu schätzen.

Zuletzt nenne ich nun die Zeit des Neubeginns!

Die Hinterbliebenen sind nun bereit die Realität des Todes anzuerkennen und entscheiden sich meist zum eigenen Weiterleben und zur Neuorientierung. Man sucht neue Rollen und Beziehungen. Denn, wenn ein Familienmitglied stirbt, hat dieser Mensch bis dahin bestimmte Rollen in der Familie übernommen (Familienoberhaupt, Onkel, Tante, Schwester u.v.m.). All diesen Rollen und ihre Aufgaben müssen im Todesfall neu verteilt werden. Die Angehörigen machen nun die Erfahrung, dass ein verstorbener Mensch in unserem Herzen weiterlebt.

Viele werden sich nun die Frage stellen, ob Trauer ein Ende hat? Als Trauerbegleiterin halte ich es hier mit dem Arzt und Begründer der Tiefenpsychologie, Siegmund Freud: „Man weiß, dass die akute Trauer nach einem solchen Verlust ablaufen wird, aber man wird ungetröstet bleiben, nie einen Ersatz finden. Alles, was an die Stelle rückt, und wenn es sie auch ganz ausfüllen sollte, bleibt doch etwas anderes.“